Quadratic im Praxistest: KI-Agent für Excel

Quadratic: Was kann das Tool wirklich?

Ein Excel ähnliches Tool, das Trendanalysen mit 6-Monats-Prognosen erstellt, Python-Code generiert und PostgreSQL-Daten in Sekunden visualisiert. In natürlicher Sprache. Ohne Formeln. Ich habe es getestet. Es ist bisher mit Abstand das beste Tool, welches ich getestet habe. Und kann es trotzdem wegen dem Datenschutz nicht wirklich für den Einsatz mit produktiven Daten empfehlen.

Quadratic nennt sich selbst “The AI Spreadsheet” – und der Name ist Programm. Es ist kein klassisches Excel-Add-in, sondern eine eigenständige Spreadsheet-Umgebung im Web, die von Grund auf für KI-gestützte Datenanalyse entwickelt wurde.

Die Kernfunktionalität:

1. Universelle Datenanbindung Quadratic verbindet sich mit praktisch jeder Datenquelle:

  • Datenbanken: PostgreSQL, MySQL, SQL Server, BigQuery
  • Files: CSV, Excel, PDF, JSON, Parquet
  • Direct Connections: Keine Exporte nötig, Live-Verbindung zu deinen Daten

In meinem Test habe ich sowohl Excel-Files hochgeladen als auch direkt die PostgreSQL-Datenbank unseres Pacioli-Demomandanten angebunden. Quadratic erkannte automatisch die Datenbankstruktur und begann mit der Analyse.

2. Natural Language Analysis Der Kern von Quadratic ist die Fähigkeit, natürliche Sprache in Code zu übersetzen. Du stellst Fragen wie:

  • “Zeige mir die Umsatzentwicklung der letzten 12 Monate”
  • “Erstelle eine Trendanalyse mit Prognose”
  • “Welche Kostenstellen liegen über Budget?”

Quadratic generiert daraus:

  • SQL-Queries für Datenbankabfragen
  • Python-Code für Berechnungen und Analysen
  • Charts und Visualisierungen mit Plotly
  • Formeln für Spreadsheet-Berechnungen

3. Code-Generierung von Grund auf: Das Besondere: Quadratic entwickelt nicht nur einzelne Funktionen, sondern ganze Analysemodelle:

  • Komplette Datenmodelle mit mehreren Tabellen
  • Berechnungsketten über mehrere Schritte
  • Professionelle Charts ohne eine Zeile Code
  • Debugging und Fehlerkorrektur automatisch

4. Dataset-Generierung Quadratic kann nicht nur bestehende Daten analysieren, sondern auch neue Datasets erstellen:

  • Testdaten generieren
  • Bestehende Daten augmentieren und editieren
  • Smart Insert: Daten intelligent an der richtigen Stelle einfügen
  • Daten per Chat relocaten und transformieren

5. Programmiersprachen-Flexibilität In einem Sheet kannst du kombinieren:

  • Python für komplexe Berechnungen und Machine Learning
  • SQL für Datenbankabfragen
  • Formeln für klassische Spreadsheet-Operationen
  • JavaScript für Custom-Funktionalität

Alles mit oder ohne KI – je nachdem, ob du Code schreiben willst oder die KI machen lässt.

6. Modell-Auswahl In der Pro-Version ($20/Monat) kannst du zwischen verschiedenen KI-Modellen wählen:

  • OpenAI
  • Anthropic Claude
  • Quadratic’s eigenes Modell (in der Free-Version)

Das macht einen spürbaren Qualitätsunterschied bei komplexen Analysen.

Mein Praxistest: PostgreSQL + Pacioli-Datenbank

Für meinen Test habe ich Quadratic mit unserer Pacioli-Testdatenbank verbunden – einem vollständigen KMU-Datensatz mit Buchhaltung, Controlling und Stammdaten. Details zur Datenbank: cfoagent.ch/pacioli

Was ich getestet habe:

  • Umsatzanalysen nach Kunde, Produkt, Zeitraum
  • Debitoren-Aging mit Fälligkeitsübersicht
  • Kostenstellen-Auswertungen mit Budget-Vergleich
  • Liquiditäts-Forecasts basierend auf offenen Posten
  • Diagramme für Management-Reports

Das Resultat: Von allen Excel-KI-Agents, die ich getestet habe, ist Quadratic der mit Abstand Beste. Die Antworten sind präzise, die Diagramme professionell, die Python-Skripte nachvollziehbar. Die Kombination aus direkter Datenbankanbindung und KI funktioniert tatsächlich.

Einige Beispiele aus dem Test:

  • “Zeige mir alle Debitoren mit Zahlungsverzug >30 Tage” → Korrektes SQL-Query, saubere Tabelle, Summen stimmen
  • “Erstelle ein Balkendiagramm für Top-10-Kunden nach Umsatz” → Professionelle Visualisierung in Sekunden
  • “Welche Kostenstellen liegen über Budget?” → Präzise Auswertung mit Abweichungen in Prozent und Franken

Was Quadratic verstanden hat: Die KI analysierte nicht nur meine Anfrage, sondern:

  1. Scannte die Datenbankstruktur (alle Tabellen, Spalten, Datentypen)
  2. Identifizierte sinnvolle Analysetypen (Zeitreihen, Dimensionen, Finanzanalysen)
  3. Plante die Auswertungen (12 verschiedene Analysen)
  4. Generierte SQL-Queries für jede Auswertung
  5. Entwickelte Python-Code für Berechnungen
  6. Erstellte Charts mit professioneller Formatierung
  7. Platzierte alles intelligent im Sheet ohne Überlappungen

Das alles ohne eine einzige weitere Nachfrage meinerseits. Quadratic arbeitete eigenständig.

Die erstellten Auswertungen im Detail

📊 Zeitreihenanalysen (3 Charts)

  1. Monatliche Entwicklung – Visualisierung monatlicher Umsätze 2020-2023
  2. Trendanalyse mit 6-Monats-Prognose – Historische Daten + Forecast
  3. Jahresvergleich – Gleiche Monate über verschiedene Jahre

💰 Finanzanalysen (3 Auswertungen)

  1. Summen nach Konten – Aggregierte Beträge pro Konto
  2. Durchschnittswerte – Monatliche/jährliche/Transaktionsdurchschnitte
  3. Top 10 Konten – Balkendiagramm der volumenstärksten Konten

📈 Dimensionsanalysen (4 Auswertungen)

  1. Profit Center Analyse
  2. Kostenstellen-Analyse
  3. Kunden/Debitoren-Analyse
  4. Projekt-Analyse

🔍 Spezialauswertungen (2 Analysen)

  1. MwSt-Analyse
  2. Buchungsverzögerungen – Differenz DocumentDate/BookingDate

Was mich beeindruckt hat

1. Eigenständiges Denken Quadratic fragte nicht ständig nach: “Was meinst du mit…?” oder “Soll ich…?” Die KI traf eigenständig sinnvolle Entscheidungen. Als sie erkannte, dass Projekt-Daten fehlen, generierte sie trotzdem die Analyse-Struktur und notierte “Keine Daten vorhanden” – statt einfach abzubrechen.

2. Code-Transparenz und Lerneffekt Jede Analyse zeigt den dahinterliegenden Python-Code. Ich konnte jeden Schritt nachvollziehen. Das ist nicht nur gut für Vertrauen, sondern auch ein enormer Lerneffekt. Ein Controller, der Python lernen will, bekommt hier praktische, funktionierende Beispiele für reale Finance-Aufgaben.

3. Selbstkorrektur in Echtzeit Als Quadratic einen veralteten Pandas-Befehl verwendete (‘M’ für Monate statt ‘ME’ für Month End), erkannte es den Fehler aus der Error-Message selbst und korrigierte ihn. Ohne mein Eingreifen. Das ist nicht trivial – viele KI-Tools scheitern an diesem Punkt.

4. Systematische Platzierung Die KI trackete die Position jeder Auswertung:

  • Charts bekamen im Spreadsheet 7 Spalten Breite und 23 Zeilen Höhe
  • Tabellen wurden darunter platziert
  • Keine Überlappungen
  • Logische Gruppierung (Zeitreihen zusammen, Finanzanalysen zusammen)

Das klingt simpel, ist aber komplex in der Umsetzung.

5. Geschwindigkeit 12 professionelle Auswertungen in unter 5 Minuten. Mit manueller Arbeit in Excel hätte ich Stunden oder Tage gebraucht – besonders für die Python-basierten Prognosen.

Dieser gesamte Workflow läuft automatisch ab. Und ist nachvollziehbar.

Der entscheidende Haken: Datenschutz

Und jetzt kommt der Punkt, der aus meiner Sicht alles relativiert.

Nach diesem beeindruckenden Test prüfte ich die Datenschutzrichtlinien von Quadratic. Mein Ergebnis: Für produktiven Einsatz mit echten Finanzdaten ist das Tool nicht wirklich geeignet.

Die kritischen Punkte:

1. Weitergabe an KI-Dienstleister Die Eingaben werden teilweise an Drittanbieter weitergegeben: Anthropic, OpenAI, Amazon Bedrock, Google Cloud AI. Diese Anbieter verarbeiten deine Daten zur Bereitstellung der KI-Funktionen, was ja gerade die beindruckenden Ergebnisse bewirkt.

Was das konkret bedeutet:

  • Deine SQL-Queries landen z.B. bei OpenAI
  • Deine Buchhaltungsdaten werden z.B. von Anthropic verarbeitet
  • Amazon Bedrock bekommt z.B. Zugriff auf deine Analysen
  • Google Cloud AI sieht deine Finanzkennzahlen

2. “Geschäftspartner”-Klausel Die Datenschutzrichtlinie erlaubt die Weitergabe an “Geschäftspartner”.

3. Öffentliche Bereiche Quadratic ermöglicht das Teilen von Sheets. Bei Nutzung öffentlicher Features können Daten von allen Quadratic-Nutzern eingesehen werden. Ein Klick-Fehler, und deine Bilanz ist öffentlich.

4. Geschäftsübertragungen Bei Verkauf, Fusion oder Übernahme von Quadratic können alle Daten an den neuen Eigentümer übertragen werden. Ohne erneute Zustimmung. Ohne Löschungsoption.

Was bedeutet das für Finance-Teams aus meiner Sicht?

Konkret bedeutet das:

Nicht geeignet für:

  • Echte Buchhaltungsdaten (Debitoren, Kreditoren, Personaldaten)
  • Strategische Finanzplanungen mit vertraulichen Informationen
  • Budgets mit nicht-öffentlichen Unternehmensdaten
  • Mandantendaten für Treuhänder (absolute Red Line!)
  • Alle Daten unter revDSG oder DSGVO mit hohem Schutzbedarf
  • Regulierte Bereiche (Banken, Versicherungen, Gesundheitswesen)

Möglich für:

  • Anonymisierte Testdaten (wie mein Pacioli-Test)
  • Öffentliche Benchmark-Daten
  • Interne Schulungen mit Dummy-Daten
  • Learning-Projekte für Python im Finance-Kontext
  • Persönliche Finanzplanung (nicht geschäftlich)

Was ich aus dem Test gelernt habe

1. Die Technologie ist da – heute, nicht morgen Quadratic beweist: KI kann heute bereits komplexe Finance-Analysen eigenständig durchführen. Das ist kein Science-Fiction, sondern verfügbare Realität.

2. Datenschutz ist vielleicht noch der primäre Blocker Nicht die Technologie limitiert uns. Nicht fehlende Features, sondern der Datenschutz.

3. Python-Skills werden immer wichtiger: Die generierten Python-Skripte zeigen vielleicht die Zukunft: Finance-Automatisierung läuft über Code. Controller, die Python können, haben einen massiven Vorteil.

4. On-Premise Lösungen und lokale AI: Lokale KI wird wegen des Datenschutzes immer interessanter.

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Roman Kalberer

17. November 2025

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